Ausstieg aus dem Crash

Lebenserhaltungssysteme



Die Lebenserhaltungssysteme der Erde

(Atmosphäre – Wälder - Wasserkreislauf, Trinkwasser – Meere – Fischbestände – Kontinentalshelfs – Boden – Korallenriffe)

Dieser Artikel könnte auch mit Global Commons überschrieben sein, der sich in vielen Veröffentlichungen zum Thema der globalen Zerstörung findet. Er beschreibt auch konkret, was in dem Beitrag Syntropie theoretisch abgehandelt wird.

Der Begriff Global Commons hat seinen Ursprung in einem wegweisenden Aufsatz, den der amerikanische Biologe Garrett Hardin 1968 veröffentlichte. In The Tragedy of the Commons (Die Tragödie der Allmende) griff er den alten Begriff der Commons (Allmende), also des allen zugänglichen Weidelandes eines mittelalterlichen Dorfes wieder auf, das immer Gefahr lief, von einzelnen übernutzt und schließlich ruiniert zu werden, die nur ihren Eigennutz im Auge hatten.

Als Global Commons, als Erbe der Menschheit (nicht zu verwechseln mit dem "Weltkulturerbe", einer Sammlung von kulturellen Schöpfungen der Menschheit, deren Erhaltung die UNESCO fördert) kann man natürlich die ganze Biosphäre betrachten - aber der Gedanke wird konkreter, wenn man die wichtigsten Segmente des Lebenserhaltungssystem der Erde benennt:

- die Atmosphäre (1)
- die Meere (2)
- die Fischbestände (3)
- das Wasser (4)
- der Boden (5)
- die Wälder (6)
- die Kontinentalshelfs (7)
- Korallenriffe (8)
- die Mangrovenwälder (9)

(1) Die Atmosphäre als Lebenserhaltungssystem ist nicht in erster Linie durch die offensichtlichen Verschmutzungen bedroht, die die menschliche Gesundheit schädigen, wie Stäube, Schwermetalle, Schwefeldioxid und Stickoxide, sondern durch "Spurenelemente" wie CO2 und FCKW, die - obwohl sie nur in winzigen Anteilen in der Atmosphäre vorkommen - ihre Funktionsfähigkeit als Temperaturregelung und Ozonschild beeinträchtigen und bedrohen.

(2) Ähnliches gilt für die Meere. Die offensichtlichen Verschmutzungen durch den Eintrag von Schadstoffen durch Flüsse und über die Luft, die Ölverschmutzung durch die Ölgewinnung, den Öltransport und durch die allgemeine Schifffahrt, die brutalen Fangmethoden der kommerziellen Fischerei schädigen und bedrohen die maritimen Ökosysteme. Eine Gefahr von ganz anderer, apokalyptischer Dimension verbirgt sich jedoch in der Möglichkeit, daß durch den Temperaturanstieg Meeresströme wie der Golfstrom "versiegen", oder daß durch die stärker werdende UV-Strahlung das Algenwachstum in den Ozeanen so stark beeinträchtigt wird, daß sich der Treibhauseffekt sprunghaft verstärkt (s. CO2 - Systembetrachtung).

Das gehäufte Auftreten von toxischen Mikroorganismen ("Killeralgen") gilt vielen Meeresbiologen als ein Hinweis "auf den kritischen Zustand der Weltmeere insgesamt. Geschwächt durch Schadstoffströme, Überfischung und rücksichtslose Erschließung der Küsten, sei der gesamte Lebensraum von chronischem Siechtum bedroht". Möglicherweise wirke sich auch die Kilmaerwärmung verhängisvoll aus (Q73).

(3) Die Erschöpfung der Fischbestände in den Meeren

Die Erschöpfung der Fischbestände der Weltmeere gehört zu den "Klemmen", in die wir, die ganze Menschheit, durch unsere unvernünftige Wirtschaftsweise wie blind hineinlaufen.

Immer mehr Fischer jagen immer weniger Fische mit immer effizienteren Fangmethoden, während durch Meeresverschmutzung, Zerstörung von Mangrovenwäldern und Korallenriffen die Lebens- und Fortpflanzungsbedingungen der Meerestiere immer stärker beeinträchtigt werden. Nach Angaben der FAO (der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO) sind inzwischen die Bestände aller für die Ernährung wichtigen Arten wie Hering, Makrele, Heilbutt und Thunfisch erschöpft oder übermäßig ausgebeutet. Sie schätzt, daß 70 % der weltweiten Fischbestände übernutzt oder sogar völlig erschöpft sind.

Über "subventionierte Plünderer" schrieb Le Monde diplomatique (Q49): Die Hälfte der 80 Millionen Tonnen Fische, die weltweit gefangen werden, werden von der industriell organisierten Fischerei eingebracht. Die Meere werden mit industriellen Fangmethoden systematisch ausgeräumt. In bis zu 60 km langen Treibnetzen wird trotz Verbots immer noch alles eingefangen, was schwimmt, nur um daraus einige Fische zu verwenden. Industrielle Langleinen von bis zu 130 km Länge sind mit bis zu 3.000 Angelhaken bestückt. Durch die Köder werden nicht nur, wie beabsichtigt, Thunfische angelockt, sondern auch andere Fische und Seevögel. Nach Untersuchungen australischer Biologen sterben jährlich durch diese Fischerei 44.000 Albatrosse und noch einmal so viel andere Seevögel.

Die EU-Staaten führen über die Hälfte der in Europa verzehrten Fische ein. Sie fischen damit, wie z.B. in Senegal, den Einheimischen und den dort lebenden Fischern die Fische vor der Nase weg. Es wäre besser als jede Entwicklungshilfe, erst einmal den Menschen in den Küstenländern des Südens die Quelle ihrer Eiweißnahrung zu lassen, anstatt sie ihnen mit der Gewalt der technischen Überlegenheit wegzunehmen und zu zerstören.

(4) Süßwasser, Wasserkreislauf

Wasser geht zwar nicht verloren, aber durch Verschmutzung und exzessive und unsachgemäße Nutzung und durch die Störung der Kreislauf- und Reinigungssysteme sind die Grenzen der nutzbaren Süßwasservorräte in vielen Teil der Welt, insbes. im Nahen Osten bereits erreicht, in vielen anderen Ländern stehen Wasserknappheiten bevor. Es steht zu befürchten, daß Wasser neben Öl- und Gasvorkommen zu einer der ernstesten Konfliktursachen der Welt werden wird.

(5) Boden: Der nutzbare Boden hat sich schon durch die klassische Agrarwirtschaft stark verringert, und die Bodenverluste in den letzten 100 Jahren haben gigantische Ausmaße angenommen. Boden, die Grundlage pflanzlichen und damit überhaupt allen Lebens auf der Erde, kann bis heute nicht durch die technischen Mittel, die die Massenproduktion ermöglichen, verbessert (und schon gar nicht geschaffen) werden. Im Gegenteil, er leidet unter der Zufuhr von Energie und Technik, sie beschleunigen seine Zerstörung.

Der Boden, der heute Jahr für Jahr milliardentonnenweise in die Flüsse und ins Meer gespült wird, braucht für seine Entstehung die gemächliche Zeit von Jahrhunderten und Jahrtausenden. Sein Bestand wird von mehreren Seiten gleichzeitig massiv bedroht:

- Das Wachstum der Bevölkerung führt zu größerem Nahrungsmittelbedarf. Da die bestehenden Flächen kaum noch erweitert werden können, werden sie intensiver bewirtschaftet, wodurch der Bodenverlust beschleunigt wird.
- Degradierung von Böden führt zur Rodung von ungeeigeten Hanglagen und damit zu weiterer Bodenzerstörung
- Immer mehr Land wird durch Bewässerung (Versalzung und Versumpfung) und Überweidung (Wüstenbildung) zerstört
- Die Holzknappheit in vielen Entwicklungsländern führt dazu, daß auch die letzten Baumbestände auf Hängen zerstört werden und dadurch die Erosion weiter verschlimmert wird.
- Bevölkerungswachstum und Technisierung führt zur Überbauung von immer mehr Flächen, die früher landwirtschaftlich genutzt waren
- Der Lebensstandard der Industrieländer ist nur dadurch möglich, daß sie ein Vielfaches ihrer eigenen Fläche in anderen Ländern und Kontinenten für ihren eigenen Konsum beanspruchen ("ökologischer Fußabdruck") - eine Vorgehensweise, die offensichtlich nicht verallgemeinerbar ist.

(6) Wälder bedeckten ursprünglich (nach der letzten Eiszeit) fast die Hälfte der Landfläche der Erde (Simmons 1996:410) und verursachen daher als optimal angepaßtes Ökosystem die niedrigsten Nährstoffverluste. Sie sind von allen Ökosystemen der größte Kohlenstoffspeicher, und die tropischen Wälder beherbergen die größte Artenvielfalt.

Nicht nur in den Tropen, sondern auch in der gemäßigten Zone werden die letzten Urwälder abgeholzt - vor allem in Finnland und in Kanada. In Finnland verschwindet ein Urwaldgebiet, das bis zum Ende des Kalten Krieges an der russisch-finnischen Grenze vor dem Zugriff der Holzkonzerne geschützt war. Im Great-Bear-Regenwald in British Columbia werden von den Holzfäller-Firmen tausend Jahre alte Urwaldriesen, Zedern und Sitka-Fichten, gefällt und die Lebensräume von Grizzly-Bären, Adler und weißen Kermode-Bären zerstört. 20 % des Zellstoffs, der in der deutschen Papierindustrie verarbeitet wird, stammt aus Kanada.

Die Zerstörung der tropischen Regenwälder, der Küstenwälder Nordamerikas, der borealen Wälder Nord- und Nordosteuropas bedrohen das regionale und das globale Klima, sie führen zu gigantischen Bodenverlusten und stören den §§internal LINK Wasserkreislauf §§. Durch die Abholzung von bewaldeten Hängen in Mittelamerika werden die Lebensbedingungen der durch die globale Erwärmung bedrohten §§LINK Korallenriffe weiter erschwert.

(7) Kontinentalshelfs: Die flachen Meeresteile vor den Kontinenten sind einerseits Nahrungsmittelgrundlage und Brutgebiete für viele Meerestiere, andererseits sind sie extrem durch Einleitungen von Abwässern, feste Abfälle und Schadstoffe aus der Luft belastet, weil sich der größte Teil der Weltbevölkerung in den Küstengebieten konzentriert. Ihre Verschmutzung bedroht daher das Überleben vieler Arten in den Ozeanen, die ohnehin durch §§LINK zu (3) Überfischung stark gefährdet sind.

(8) Korallenriffe

Korallenriffe sind äußerst empfindliche Ökosysteme mit der größten aquatischen Artenvielfalt und gleichzeitig schwerstens belastet. Durch die Erosion entwaldeter Hänge werden sie mit Schlick bedeckt, sie werden durch den weltweiten Tauchtourismus beschädigt, und die allmählich Erwärmung des Meereswassers führt zum Ausbleichen (d.h. Absterben) von immer mehr Korallenbänken vor allem in der Karibik (Q76).

Wegen ihrer Artenvielfalt werden die Korallenriffe als die "Regenwälder der Ozeane" bezeichnet. Obwohl sie nur in einem Viertel der Ozeane entstehen, beherbergen sie rund 25 Prozent aller Fischarten. Jeder zehnte Speisefisch gedeiht in den ... Riffen. ... Einer ersten weltweiten Studie zufolge sind 60 Prozent aller Riffe dem Tod nahe oder bereits abgestorben" (Q89).

Für das Ausbleichen der Korallen gibt es eine Vielzahl von Ursachen, die nur soviel gemeinsam haben, daß sie alle direkt oder indirekt auf wirtschaftliche Aktivitäten zurückgehen.

- Der kommerzielle Fischfang verdrängt die traditionelle extensive und schonende "Ernte", die Riffe werden ausgeräumt.
- Die "Giftfischerei", der Fang lebender großer Korallenfische mit Natriumzyanid für Restaurants der Großstädte, tötet neben den Fischen viele andere Lebewesen im Riff.
- Zierfische für Aquarien werden ebenfalls mit Gift betäubt und gefangen.
- Die Riffe werden durch schnorchelnde und tauchende Touristen beschädigt.
- Aus den küstennahen Regionen belasten Schadstoffe aus der Intensivlandwirtschaft, der Industrie, der Chemie, dem Verkehr und den Haushaltsabwässern die Korallenriffe; dazu kommt die Ölverschmutzung aus den Häfen, von der allgemeinen Schiffahrt und von Öllecks.
- Durch Sedimenteintrag infolge der Erosion abgeholzter Waldgebiete verschlammen die Riffe, und sie werden durch Abwässer von den Shrimpfarmen, die die schützenden Mangrovenwälder verdrängen, geschädigt.
- Der Temperaturanstieg des Meerwassers führt zum Ausbleichen von Korallen.
- In manchen Regionen wirken mehrere dieser Faktoren zusammen.

(9) Mangrovenwälder, die als Nahrungsquelle und Brutgebiete eine ähnliche Rolle spielen wie die §§LINK Kontinentalshelfs, werden vor allem in Südostasien durch Anlagen für Fisch- und Garneelenzucht verdrängt.



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